Der Arganbaum - ein Riese aus prähistorischen Zeiten

Arganöl - Der ultimative Guide

Arganöl - Der ultimative Guide - Olive Oil Season

ca. 4 Minuten Lesezeit, letzte Änderung: 15.01.2022

Der Arganbaum - ein Riese aus prähistorischen Zeiten

Der Arganbaum ist ein urwüchsiges Gewächs, das mit kurzem Stamm und einem breit ausladenden Blätterdach (20 bis 70 Meter Breite) vermutlich ein Relikt aus den Zeiten ist, zu denen die Saurier die Welt bevölkerten. Der Baum wird bis zu 12 Meter hoch und ist auch unter dem Namen Eisenholzbaum bekannt. Biologisch wird er der Familie der Sapotaceae (Ordnung der Heidekraut-Gewächse) zugeordnet, die wiederum zur Gattung der Argania gehören.

Es wird vermutet, dass sich diese Gattung vor mehr als 80 Millionen Jahren auf der Erde ansiedelte. Somit hat der Arganbaum viele Pflanzen- und Säugetierarten überlebt, die die Erde erst in späteren Zeitaltern bewohnten und heute bereits ausgestorben sind. Ursprünglich war er in den Wäldern rund um das Mittelmeer sowie in Nordafrika zu finden. Noch vor knapp 100 Jahren wuchs der Arganbaum in Südmarokko, Algerien und Mauretanien. Heute beschränkt sich sein Vorkommen auf die südliche Landeshälfte von Marokko, wo er bis in Höhenlagen von 1300 Metern zu finden ist.

Dieses Gebiet ist ein Biosphären-Reservat der UNESCO, das an die Stadt Agadir grenzt, in der das Arganöl produziert wird.

Zum Schutz der seltenen Pflanze wurde jeder Baum einer ortsansässigen Familie zugesprochen, die diesen pflegt. Die Einheimischen verwerten die Früchte des Baumes zur Gewinnung von Arganöl und nutzen das Fallholz der urwüchsigen Riesen. Außerdem dienen Blätter und Früchte als Futter für Ziegen und Dromedare, die sich nicht an den Stacheln der Blätter stören.

Arganbäume sind genügsam. Sie brauchen wenig Nährstoffe und Wasser. Bei ausreichender Feuchtigkeit erblüht der Baum alle zwei Jahre und bringt die begehrten Arganfrüchte hervor. Das aus ihnen gewonnene Öl ist deswegen so kostbar, weil es 30 Kilogramm an Früchten braucht, um einen Liter Arganöl zu gewinnen. Im Alter von 50 bis 60 Jahren erreicht der Arganbaum die höchste Leistungsfähigkeit seiner Lebensspanne, die 150 bis 400 Jahre dauern kann. Ist er fünf Jahre alt, trägt er zum ersten Mal Blüten, die das ganze Jahr nachwachsen und sich zur Arganfrucht entwickeln.

Das Besondere am Arganbaum

Der Arganbaum lässt sich nicht verpflanzen. Es ist möglich, den Kern zum Keimen zu bringen, sodass eine kleine Pflanze wächst. Doch dieser Baum wird außer an seinem heimischen Standort niemals zur vollen Größe heranwachsen oder Früchte hervorbringen.

Versuche, ihn in anderen Teilen der Welt wachsen zu lassen, sind bis heute gescheitert.

Die Frucht des Arganbaumes

Die Argannuss hat die Form einer Olive, ist so groß wie eine Dattel und besitzt eine grün-gelbliche Farbe. Unter dem Fruchtfleisch verbirgt sich ein Kern mit zwei bis drei ölhaltigen Samen, aus denen das kostbare Arganöl gewonnen wird. Zwischen Juli und September ist die Argannuss erntereif. Allerdings darf sie nicht von den Bäumen gepflückt werden, um diese vor Schaden zu bewahren.

Erst wenn die Früchte vom Baum fallen, werden sie aufgesammelt und verwertet. Dabei müssen Argannüsse von bis zu zwei Bäumen gesammelt werden, um einen Liter Arganöl zu erhalten.

Wie wird das Öl gewonnen

Freilebende Ziegen halfen früher auf ihre Weise bei der Ernte. Die Tiere sind in der Lage, in das verzweigte Geäst der Bäume zu klettern und fressen neben den Blättern auch die Argannüsse. Das Fruchtfleisch wird im Magen-Darm-Trakt der Ziegen verdaut, die Kerne werden ausgeschieden und von den Berber-Frauen aus dem Kot aufgesammelt. Diese Verarbeitungsweise ist auch vom teuersten Kaffee der Welt, dem Kopi Luwak, bekannt. Dieser besitzt ein ganz mildes Aroma, da die Kaffeekirschen von den indonesischen Elefanten oder Schleichkatzen gefressen und ohne Fruchtfleisch ausgeschieden werden. Verdauungsenzyme zersetzen die Bitterstoffe, die sich in den Kaffeebohnen befinden und bringen das einzigartige Aroma hervor.

Auf diese Art der Veredlung wird bei der Argannuss heute weitgehend verzichtet. Für die Ziegen ist die eiweißreiche Frucht jedoch reines Kraftfutter.

Heute wird Arganöl aus unverdauten Argannüssen gewonnen. Dazu werden die am Baum getrockneten Früchte vom Erdboden aufgesammelt. Anschließend wird das Fruchtfleisch von den Berber-Frauen mit der Hand entfernt und der Kern mithilfe von zwei Steinen geöffnet. Die innenliegenden Samen werden geröstet oder naturbelassen mit einer Handmühle aus Stein oder einer elektrischen Mühle zermahlen.

Zur so entstandenen Paste wird lauwarmes Wasser gegeben und anschließend gerührt und geknetet, bis sich das Öl aus dieser Masse absetzt. Da 100 Kilogramm getrocknete Argannüsse nur 3,3 Liter Arganöl ergeben, lässt sich nachzuvollziehen, weshalb das Öl teuer und gleichzeitig kostbar ist. Das fertige Öl wird in der Küche verwendet und besitzt einen leicht nussigen Geschmack.

Eine weitere Möglichkeit der Ölgewinnung entsteht durch den Einsatz organischer Lösungsmittel. Das so gewonnene Öl wird vorwiegend in der Kosmetikindustrie verwendet. Mit 55% fördert diese Verarbeitungsweise das meiste Öl aus der Argannuss.

Nachhaltige Produktion

Wie bei einer Genossenschaft hat sich ein Verband von marokkanischen Kooperativen entwickelt, die von den ortsansässigen Berberfrauen geleitet werden. Die meisten dieser Frauen haben weder Lesen noch Schreiben gelernt und übernehmen naturgemäß die Rolle der Hausfrau und Mutter. In der Kooperative sind sie für die Herstellung des Arganöls zuständig, die nicht nur das Einkommen für die Familien sichert. Weiterbildungsmaßnahmen, medizinische Betreuung und eine ressourcenschonende Verarbeitung sichern durch diese nachhaltige Produktionsform die Existenz von Mensch und Natur.

Was macht Arganöl so wertvoll

Das Öl der Argannuss besitzt viele wertvolle Inhaltsstoffe:

  • 80% einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren
  • 20% gesättigte Fettsäuren
  • Ölsäuren
  • Linolsäuren
  • Vitamin E
  • Phytosterine
  • Mineralien

Vitamin E hat wissenschaftlich nachgewiesen eine positive Wirkung auf den menschlichen Körper. Es bindet freie Radikale, schützt vor Alterungsprozessen und hält das Herz und den Kreislauf fit. Auch in der Krebsforschung findet Arganöl Anerkennung, da seine Zusammensetzung eine antioxidative Wirkung zeigt (1)

Arganöl enthält zwei Typen von Phytosterinen, was als besondere chemische Zusammensetzung gilt. Phytosterine erhalten die Zellmembran und schützen daher das Herz-Kreislauf-System. Sie senken auch das Risiko, an erhöhten Cholesterinwerten zu erkranken.

Im Jahr 2006 wurde durch eine in Marokko durchgeführte Studie belegt, dass Arganöl den Insulinspiegel regulieren kann. (2) Außerdem wurde im Jahr 2013 eine Studie veröffentlicht, bei der die Wirkung von Arganöl auf die Symptome der Wechseljahre untersucht wurde. Symptome wie Nachtschweiß, Herzrasen und Hitzewallungen wurden durch die Einnahme des Öls nachweislich gemildert werden, was vielen Frauen auf leichtere Weise durch die Wechseljahre helfen kann. (3)

Arganöl lässt sich bedenkenlos bei allen Hauttypen anwenden und die Haut jünger und frischer aussehen. Die Hautdurchblutung wird gesteigert und der Teint verbessert sich durch den hohen Gehalt an Vitamin E und Phytosterin. Menschen, die von langjähriger Akne geplagt werden, sollten es mit Arganöl versuchen, denn das flüssige Gold hilft besonders gut bei Pickeln und entzündlichen Hautstellen. Kleinere Narben fallen nach der Behandlung mit dem Öl weniger auf und Fältchen verschwinden durch das Plus an Feuchtigkeit. Besonders in den Wechseljahren ist die Haut auf zusätzliche Feuchtigkeit angewiesen. 2015 wurde in Marokko eine Studie publiziert, die die positiven Auswirkungen von Arganöl auf die Haut speziell in den Wechseljahren dokumentierte. (4)

Anwendungsbereiche von Arganöl

Einsatz in Kosmetikprodukten: der hohe Anteil an Vitamin E macht besonders Hautpflegeprodukte mit Arganöl so wertvoll. Das Öl spendet Feuchtigkeit und besitzt antibakterielle sowie antioxidative Wirkung. Die Haut wird regeneriert und der natürliche Alterungsprozess aufgehalten. Äußerlich aufgetragen beruhigt Arganöl die Haut bei Unreinheiten, Akne und Schuppenflechte. Menschen mit einer Bindegewebsschwäche profitieren ebenso von dem kostbaren Öl. Von den Berberfrauen wird Arganöl auch als Sonnenschutzmittel verwendet. (https://www.instyle.de/makeup-pflege/arganoel)

Einsatz als Lebensmittel und für die Gesundheit: wird Arganöl als Speiseöl genutzt, lässt sich der Cholesterinspiegel auf gesunde und natürliche Weise senken. Eine regelmäßige Einnahme des Öls kann daher Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Den Berbern ist Arganöl schon seit Jahrhunderten als Folks-Medizin bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und der Haut bekannt. Die Einnahme stärkt zusätzlich das Immunsystem.

Anwendung beim Kochen

Arganöl kann in der Küche wie jedes Speiseöl verwendet werden. Es sollte jedoch nicht hochgradig erhitzt werden. Außerdem eignet es sich aufgrund seines Preises nicht als alleiniges Bratöl und sollte besser als Geschmacksverstärker für Salate, Smoothies oder bei gedünstetem Gemüse eingesetzt werden. Je weniger das Öl mit Hitze in Berührung kommt, desto mehr bleiben seine wichtigen Eigenschaften erhalten. Durch den mild-nussigen Geschmack braucht es nur wenige Tropfen, um viele Speisen abzurunden. Weshalb das Öl lange Zeit lagerungsfähig ist, wurde 2012 von marokkanischen Wissenschaftlern geklärt - Arganöl ist stark antioxidativ. Deshalb verändert sich seine Zusammensetzung auch bei längerer Lagerung nicht in der Weise, wie es bei anderen Ölen der Fall ist.

Haare

Nicht nur die Haut, sondern auch Haare und Nägel profitieren von Arganöl. Die Haarstruktur verbessert sich und die Oberfläche der Nägel wird glatt und fest. Da Vitamin E für eine gesunde Zellstruktur verantwortlich ist, profitiert auch die Kopfhaut von Arganöl. Durch das Öl erhält sie alle Nährstoffe, die nötig sind, um kräftige Haarwurzeln wachsen zu lassen und Haarausfall zu reduzieren. Das Arganöl wird dafür auf die Kopfhaut aufgetragen und nach einer Einwirkzeit (es geht auch über Nacht) wieder abgespült.

Ölkuren mit Arganöl kräftigen die Haare und können einmal im Monat angewendet werden. Für seidige Haare mit Glanz und gesunden Spitzen wird das Haar eingeölt und für eine halbe Stunde mit einem Handtuch abgedeckt. Anschließend das Öl mit warmem Wasser ausspülen und die Haarstruktur ist geglättet und das Haar mit Nährstoffen versorgt.

Qualitätsklassen des Arganöls

Arganöl wird hinsichtlich der Verarbeitung und des Röstens unterschieden. Mit gerösteten Samen schmeckt Arganöl sehr intensiv und wird deshalb zum Kochen, Würzen oder zur inneren Einnahme verwendet.

Aus ungerösteten Samen gepresstes Arganöl enthält noch alle Inhaltsstoffe, ist geruchsneutraler und kann länger aufbewahrt werden. Deshalb wird es im Kosmetikbereich und in der Medizin eingesetzt.

Steht auf dem Arganöl die Bezeichnung “extra virgin”, handelt es sich um ein Öl mit hervorragender Qualität. Das Öl wird ausschließlich kalt gepresst. Das bedeutet, dass das Öl nur auf mechanische Weise und ohne Erhitzen gewonnen wurde.

Qualitätsbetrug

Arganöl bekommt durch das Rösten der Samen einen nussigen Geschmack. Fallen Geruch und Geschmack eher “käsig” aus, zeigt dieses Aroma eine minderwertigere Qualität an. In diesem Fall wurden die Samen der Argannuss aus den Exkrementen der Ziegen gewonnen. Die Vorverdauung durch den Magensaft der Ziegen sorgt für einen anderen Geschmack der Samen. Gleiches geschieht auch, wenn das Öl überlagert ist. Arganöl sollte dunkel und kühl aufbewahrt werden und innerhalb eines Jahres aufgebraucht werden. Es ist im Verhältnis zu anderen Speiseölen länger haltbar, hat aber trotzdem ein Verfallsdatum.

Um minderwertiges Arganöl ausschließen zu können, wird noch an Unterscheidungsmöglichkeiten gearbeitet. Bisher wird die Wertigkeit anhand vorhandener 2- und 3-Methylbuttersäure beurteilt. Je höher die Konzentration dieser aromaaktiven Verbindungen, desto leichter lassen sich Arganöle aus gerösteten Mandeln von Ölen aus von Ziegen verdauten Früchten unterscheiden. Ein konkreter Grenzwert, mit dem sich gute Arganöle von denen mit minderer Qualität unterscheiden lassen, ist bis jetzt jedoch noch nicht definiert.

Außerdem kursieren immer mehr Produkte im Handel, bei denen das Arganöl verdünnt wurde und nur in geringfügigen Mengen des Öls im Produkt enthalten ist. Da die Wertigkeit des Arganöls eine große Nachfrage erzeugt, gibt es auch Hersteller, die mehr am Profit als an hoher Qualität interessiert sind. Genaue Recherche bezüglich des Ursprungs des Produktes ist hier wichtig, damit Qualität, wirksame Inhaltsstoffe und die nachhaltige Gewinnung des Öls nicht unter Billigangeboten leiden.

Tipps vom Olivenöl Sommelier

Markus Siebeneicher

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